Welche Bedarfe haben pädagogische Fachkräfte in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen gegen Hass im Netz? Unter anderem mit dieser Frage befasst sich das GMK-Teilprojekt „Kompetenznetzwerk gegen Hass im Netz“. Zum einen steht sie im Mittelpunkt einer Bedarfserhebung, die die GMK in Kooperation mit dem JFF unter (sozial-)pädagogischen Fachkräften zum Themenfeld Hass im Netz durchführt. Zum anderen bildet sie den Aufschlag für die Open Space Reihe der GMK zu Hass im Netz. Mit der Veranstaltung in Köln ging die Reihe am 14.9.23 in die zweite Runde (erste Veranstaltung im Juli in Berlin).
Unter dem Motto „Jugendarbeit gegen Hass im Netz“ gab es für pädagogische Fachkräfte, Referent*innen der Jugend- und Verbandsarbeit sowie Expert*innen aus dem Stiftungs- und Hochschulbereich inhaltliche Inputs aus Wissenschaft und Praxis zum Themenfeld Hass im Netz. Es bot sich außerdem eine Plattform, um neue Methoden und Materialien kennenzulernen, von eigenen Erfahrungen zu berichten und sich untereinander auszutauschen.
Inputs
Harald Sick von der BAG „Gegen Hass im Netz“ gab Einblicke in ihren aktuellen Trendreport. Dabei lag der Fokus darauf, wie demokratiefeindliche Akteure sich über digitale Plattformen und Kanäle finanzieren und was das für rechtsextremen und verschwörungsideologischen Aktivismus bedeutet. Außerdem zeigte er am Beispiel der Kampagne um den Hashtag #Stolzmonat, wie rechtsextreme Akteure im Windschatten des Pride Month Aufmerksamkeit für nationalistische Botschaften erzeugten.
Saskia Lanser von der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz NRW (AJS NRW) lieferte Einblicke, wie junge Menschen angesichts ungefilterter Hassrede in digitalen Räumen unterstützt oder gestärkt werden können und welche Aspekte es zu beachten gilt, wenn Hassrede und Kinder- und Jugendschutz zusammengedacht werden. Über grundlegende Einblicken in die Arbeitsfelder des Kinder- und Jugendschutzes schlug sie die Brücke zur Perspektive auf Hate Speech, thematisierte häufige Fragen auf der Praxisebene und verwies auf Bedeutung und Angebot von Primärintervention.
Thementische – Runde 1 – Vertiefung und Praxis
Vertieft werden konnten die Inhalte in einer ersten Runde an Thementischen. Saskia Lanser sprach hierbei zu „Über Werte und Normen reden – doch wie?“. Dabei wurden Fragen diskutiert wie: Wann ist es problematisch, wenn Normen wertebasiert sind und wann ist es wiederum wichtig? Die Teilnehmenden waren aber auch dazu angehalten ihr eigenes Verständnis vom Umgang mit Werten und Normen zu reflektieren und schließlich mit der eigenen Arbeitsrealität zu verknüpfen: Wie können wir das mit dem Thema digitale Medien verknüpfen? Welche Werte vertreten Jugendliche?
Harald Sick bot wiederum den Raum, um den wissenschaftlichen Austausch zu vertiefen und gab weitere Einblicke in aktuelle Diskurse und Aktivitäten zu rechtsextremen Akteure in digitalen Räumen.
In einem dritten Raum brachte Heiko Wolf als Projektmitarbeiter des GMK-Teams gegen Hass im Netz Methoden und Materialien aus seiner Arbeit als freier Medienpädagoge (Der Medienwolf) mit. Anschaulich stellte er Beispiele aus der Praxis vor, ging auf Materialien und Methoden sowie deren Anwendung ein und regte die Teilnehmenden dazu an, ihre eigenen Erfahrungswerte aus der Arbeit zu teilen.
Thementische – Runde 2 – Projekte aus der Praxis und Selbstschutz
Projekte und Themen, die in Runde 1 gesammelt wurden oder sich in den Diskussionen und dem Austausch mit den Teilnehmenden auftaten, bestimmten die zweite Runde von Thementischen. Sie richteten sich gezielt an den Bedürfnissen der Teilnehmenden aus. Eine zentrale Frage dabei: „Welche Methoden nutzt ihr?“.
Verschiedenen Initiativen und Projekte nutzten den Raum, um sich vorzustellen, eigene Anliegen mit den übrigen Teilnehmenden zu diskutieren und Problemstellungen zu erörtern:
KryptoKids und das geheime Netzwerk (https://www.krypto-kids.de/): Es handelt sich hierbei um ein interaktives Abenteuerspiel zum Thema Demokratiebildung und Extremismusprävention für Kinder von 8 bis 12 Jahren. Drei Themenschwerpunkte werden dabei gesetzt: Demokratie und Wahlen, Social Media und Fake News, Extremismus im Internet. Das Angebot ist kostenlos und jederzeit durchführbar. Eine zentrale Frage hierbei: „Wie kann verhindert werden, dass sich Menschen extremistischen Strukturen zuwenden?
Das Projekt KIDS4ALL wurde im Rahmen des Horizon2020 Arbeitsprogramms SC6 mit dem Titel „Europa in einer sich wandelnden Welt – integrative, innovative und reflektierende Gesellschaften“ ins Leben gerufen und befindet sich in der Pilotphase (https://www.kids4alll.eu/). Es findet online wie offline statt und zeichnet sich durch eine mehrsprachige (13 Sprachen) Plattform aus. Die KIDS4ALLL-Lernmethode stützt sich auf den Erwerb von Wissen, das Training von Fähigkeiten und die Vermittlung von Einstellungen, um lebenslange Lernkompetenzen in einem kollaborativen und ko-kreativen Lernprozess zu vermitteln.
Das Projekt ACT ON! (https://act-on.jff.de/) des JFF ist ein medienpädagogisches Forschungs- und Praxisprojekt, das sich auf das aktuelle Online-Handeln von Heranwachsenden im Alter von 10 bis 14 Jahren fokussiert. Im Zentrum des Projekts steht die Perspektive der Kinder und Jugendlichen auf „ihre“ Onlinewelten und den Umgang mit Risiken, denen sie dabei begegnen. Das Projekt wird außerdem beim Fachtag der GMK „Gemeinsam gegen Hass im Netz“ am 5. Oktober 2023 in München mit einem Input dabei sein und ausführlich vorgestellt werden ( – weitere Infos und Anmeldung).
Zum Abschluss hielt Heiko Wolf eine kurze Keynote zum Thema Digitaler Selbstschutz, Toxic Speech und den Umgang mit Hate Speech in Schulen sowie die Rollen von Prävention und Intervention. Seine Tipps und Links aus der Praxis:
- Wie stark ist mein Passwort und gab es eventuell schon einen Leak? https://www.experte.de/passwort-check
- Anonym Anzeigen erstatten, wenn es Beweise für Hatespeech gibt. https://hateaid.org/
- Hatespeech melden: https://www.land.nrw/pressemitteilung/verfolgen-statt-nur-loeschenund https://www.hass-im-netz.info/melden.html
Materialsammlung
Projekte, Methoden und Materialen wie sie bei dieser Open Space Veranstaltung präsentiert und diskutiert wurden, sollen in Zukunft gebündelt und aufbereitet werden, sodass Fachkräfte und Multiplikator*innen jederzeit darauf zugreifen, sie nutzen und sich weiterbilden können. Das ist eines der Ziele, das sich die GMK als Teil des Kompetenznetzwerks gegen Hass im Netz gesetzt hat. Aktuell sammeln wir noch. Wenn euch also weitere Projekte, Materialien und Initiativen einfallen, die hierbei abgebildet werden sollten, teilt uns das gerne mit: https://forms.gle/5NKYso34mLWphaPt6.
Bedarfserhebung
Die gesamte Veranstaltung wurde von einer explorativen Beobachtung im Rahmen der Bedarfserhebung durch das JFF und die GMK begleitet. Mit der Erhebung soll dem Rechnung getragen werden, dass viele Fachkräfte einen Bedarf für die Arbeit gegen Hass im Netz mit ihren Zielgruppen wahrnehmen, ihn aber an bestimmten Punkten nicht bedienen können, weil es beispielsweise an Ressourcen, Know-How oder geeigneten Ideen zur Umsetzung fehlt. Eine erste Veröffentlichung der Ergebnisse ist für den Winter 2023 geplant. Stay tuned: https://hass-im-netz.gmk-net.de/bedarfsanalyse/.